Stolpersteinverlegung am 10. September 2014
24 Stolpersteine kamen bei der Verlegung am 10. September 2014 zu den 82 bereits vorhandenen Stolpersteinen in Chemnitz hinzu:
Stefan-Heym-Platz 1
Konditor Bernhard Stieglitz (geb. 1910) und Verkäuferin Jette Tamler (geb. 1902) hatten hier im damaligen Kaufhaus Schocken ihren Arbeitsplatz.
Bernhard Stieglitz wurde nach längeren Aufenthalten in der Nervenheilanstalt Chemnitz und der Landesanstalt Zschadrass im August 1939 nach Polen ausgewiesen und dort später ermordet. Jette Tamler wurde am 10.5.1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin deportiert. Bei der Räumung des Ghettos durch die SS im Oktober 1942 wurden etwa 5300 Menschen ermordet, unter ihnen auch Jette Tamler.
Pate: Freundeskreis des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz.
Johannisplatz
Zahnarzt und Kunstliebhaber Dr. Kurt Lichtenstein (geb. 1884), der hier bis Ende 1935 wohnte, zog 1936 nach Schönau-Teplitz (CSR). Während der Besetzung der Grenzgebiete floh er im Oktober 1938 nach Prag, wo er sich noch im selben Monat das Leben nahm, nach eigenen Angaben „aus Solidarität zur verhafteten Ehefrau“. Elsa Lichtenstein, die selbst nichtjüdischer Herkunft war und weiterhin in Sachsen wohnte, hatte ihren Ehemann „unerlaubt“ finanziell unterstützt.
Paten: Prof. Dr. Gerhard Dohrn-van Rossum und Ehefrau.
Parkstraße 9
Der Fabrikant Walther Sachs (geb. 1872) floh 1933 gemeinsam mit seiner Ehefrau Gertrud (geb. 1872 als Gertrud Bernstein) nach Holland. Der Internierung in Westerbork folgte 1944 die Deportation des Ehepaares nach Bergen-Belsen. Walther Sachs wurde am 15.4.1944 ermordet. Gertrud Sachs verstarb am 2.5.1945 in Tröbitz.
Pate: Udo Mayer.
Parkstraße 9a
Der Kaufmann Ludwig Scharlach (geb. 1899), seine Ehefrau Gerda (geb. 1906 als Gerda Sachs) und deren gemeinsame Tochter Erika (geb. 1928) erlitten ebenfalls nach ihrer Flucht 1933 nach Holland das Schicksal der Internierung in Westerbork mit anschließender Deportation 1943. In Sobibor wurden alle ermordet.
Paten: Volker Dittrich, Andreas Kleppel, Alexander Dostmann.
Eulitzstraße 13 (heute zwischen Eulitzstraße 5 und 7)
Der Rechtsanwalt Dr. Fritz Gabriel Cohn (geb. 1885) wurde 1938 in „Schutzhaft“ in Buchenwald genommen. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Flora Margot (geb. 1892 als Flora Margot Bermann) gelang ihm 1939 die Flucht nach Norwegen, wo beide am 26.10.1942 verhaftet und anschließend nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden.
Paten: Prof. Dr. Wolfgang Emmerich, Dr. Renate Moser.
Hoffmannstraße 52
Der Fabrikant Dr. Felix Max Frank (geb. 1891), seine Ehefrau Elisabeth (geb. 1898 als Elisabeth Mosenthal) und deren gemeinsame Tochter Hildegard (geb. 1922) kamen am 18.11.1939 bei dem Schiffsunglück ums Leben, als der niederländische Passagierdampfer „Simon Bolivar“ vor der Küste Englands in ein deutsches Minenfeld lief.
Paten: Förderverein Industriemuseum Chemnitz e.V., Achim Dresler, Gisela Strobel, Georgius-Agricola-Gymnasium Chemnitz.
Kaßbergstraße, Zugang zur ehemaligen JVA
Der Kaufmann Leib Kleinberg (geb. 1902) wurde bei der „Polenaktion“ Ende Oktober 1938 gemeinsam mit seinen drei Brüdern nach Polen ausgewiesen. Nach seiner befristeten Rückkehr 1939 wurde er hier im Untersuchungsgefängnis auf dem Kaßberg in „Schutzhaft“ genommen, wo er sich am 14.4.1940 das Leben nahm.
Pate: Dr. Jürgen Nitsche.
Der frühere Advokat Hans Mire (geb. 1908) befand sich ebenfalls hier in „Schutzhaft“ und setzte seinem Leben am 17.5.1940 ein Ende. Die „Furcht vor Unterbringung in einem Konzentrationslager“ hatte ihn zu diesem Schritt veranlasst. Seine Urne wurde am 17.6.1940 nach Prag überführt.
Patin: Angela Zimmerling.
Zwickauer Straße 187
Hier wohnte Rudolf Harlass (geb. 1893), der als Mitglied der KPD aktiven politischen Widerstand leistete. Nachdem er 1933 bereits in Sachsenburg inhaftiert war, kam er 1944 im Zusammenhang mit der „Aktion Gitter“ in das Polizeigefängnis Chemnitz, wo er am 6.12.1944 in den Tod getrieben wurde.
Pate: Verein der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten, Stadtverband Chemnitz
Bernsdorfer Straße 1 / Ecke Ritterstraße
Der Kaufmann Oskar Simon (geb. 1880) wurde nach einer „Schutzhaft“ in Buchenwald am 10.05.1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin deportiert. Am 31.7.1942 wurde er in Chodel ermordet. Seine Schwester Käthe Simon (geb.1883), die zuletzt als Gemeindehelferin tätig war, wurde in Auschwitz ermordet, wohin sie am 2.3.1943 deportiert worden war. Auch die jüngere Schwester, die frühere Kontoristin Margarete Simon (geb. 1890), erlitt dieses Schicksal: 10.5.1942 Deportation und Ermordung in Belzyce.
Paten: Michael Kühn, Dr. Frank Straßberger.
Annenstraße 23 (heute Ecke Reitbahnstraße)
Josef Tittmann (geb. 1906) floh 1937 von Chemnitz nach Polen, wo er einst geboren worden war. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Herta (geb. 1914 als Herta Jaschek) und ihrer 1938 geborenen Tochter Rachella entschied er sich nach der Auflösung des Ghettos Krakau am 12.11.1944 für die Flucht in den Tod.
Angehörige der Familie Tittmann aus Israel übernehmen die Patenschaft über zwei Stolpersteine. Weitere Patin: Veronika Brandt
Emilienstraße 55
Die Büroangestellte Hulda Müller, (1897 geborene Kutzschbauch), wurde nach Verbüßung einer einjährigen Haftstrafe im Frauenstrafgefängnis Leipzig-Kleinmeusdorf in „Vorbeugungshaft“ genommen und kam nach dem 6.6.1944 im KZ Ravensbrück zu Tode.
Pate: Dr. Kurt Kutzschbauch.
Klinik Dresdner Straße
Franz Molch (geb. 1871) wurde Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Nach einer Zwangseinweisung in die Nervenklinik Chemnitz und anschließender „Verlegung“ nach Zschadrass wurde er im Rahmen der „Aktion T4“ am 12.8.1941 in Pirna-Sonnenstein ermordet.
Pate: Jörg Waehner.